„Erfindung"
Der Köditzer Uwe Engels präsentiert in Thiersheim seine Idee für eine Internet-Community zur Nachbarschaftshilfe. Die Seite bündelt Angebot und Nachfrage möglicher Hilfen.
Thiersheim Genau 66 Prozent aller Deutschen über 14 Jahren sind laut einer Studie der ARD im Internet. Die Tendenz ist steigend. Im grenzenlosen Netzwerk wittert Uwe Engels aus Köditz eine Chance, von der eine der kleinsten sozialen Strukturen profitieren könnte: Der 50-Jährige will das Internet nutzen, um die Nachbarschaftshilfe zu beleben.
„Mich haben ganz persönliche Erfahrungen auf diese Idee gebracht", erzählt Engels, der seine Pläne im Thiersheimer Rathaus der Frankenpost vorstellte. Jeder kenne solche Situationen: Einer fährt in die Stadt, um etwas Spezielles zu besorgen. Beim Gespräch mit dem Nachbarn sagt dieser, auch er hätte ausgerechnet aus diesem Geschäft etwas gebraucht. Oder das berühmte Beispiel „Taxi Mama", das die Kinder von der Schule abholt, sie zum Sport oder in den Musikunterricht bringt - eine zeitintensive Angelegenheit.
Auch Angebote wie Mitfahrgelegenheiten zum Arbeitsplatz will der „Erfinder" auf einer neuen Internet-Plattform systematisieren, strukturieren und effizienter machen.
„Jeder, der Interesse hat, die Online-Nachbarschaftshilfe zu nutzen, trägt sich zunächst in der Community ein, indem er ein Benutzerkonto anlegt", erläutert Engels, der hauptberuflich als Wirtschaftsförderer für den Landkreis Hof tätig ist. Finden sich vier, fünf Nachbarn, die das Gleiche tun, kann es los gehen. „Selbstverständlich werden wesentlich mehr Personen oder Familien auf dieser Plattform eingetragen sein. Meine Idee basiert jedoch auf dem kleinen Kreis der Nachbarschaft, der sich gegenseitig akkreditiert."
Vier, fünf vertrauenswürdige Kontakte im engen Umfeld seien völlig ausreichend. Über die „Krücke" Internet werde die Kommunikation untereinander vereinfacht. Mit nur wenigen Klicks und etwas Tippen trägt der Nutzer auf Engels Nachbarschaftshilfe-Seite sein Angebot beziehungsweise seinen Bedarf ein. Die Netzwerknutzer werden sofort per E-Mail über neue Einträge informiert und bleiben so, ohne ständig auf die Seite schauen zu müssen, auf dem Laufenden. „Später soll es auch eine Information zu aktuellen Einträgen per SMS geben", kündigt Engels an.
Zunächst betreue er das Nachbarschaftshilfe-Projekt ehrenamtlich. „Später möchte ich natürlich damit Geld verdienen", räumt er ein. Er betont jedoch, dass das Angebot für die Nutzer kostenlos ist und bleibt. „Ein Weg, um die Idee finanziell lohnend zu gestalten, wäre die Integrierung von Werbung. Aber das ist noch lange nicht soweit."
Jetzt gelte es erste einmal , so viele Interessierte wie möglich im Netzwerk zu bündeln. Die Vorteile dieser modernen Art der Nachbarschaftshilfe liegen laut Engels auf der Hand: Zeitersparnis sowohl bei der Planung als auch bei der Umsetzung, der bewusstere Einsatz des Autos und die damit einhergehenden ökologischen und ökonomischen Komponenten und - was Uwe Engels besonders am Herzen liegt - die Belebung sozialer Kontakte. „Es klingt oberflächlich betrachtet paradox, ausgerechnet das Internet zu nutzen, um die heute so häufige Isolation der Menschen zu durchbrechen. Mein Online-Angebot aber hat, wenn es sinnvoll genutzt wird, den Effekt, dass Bewegung in die Beziehungen kommt."
Der erste Schritt, den Interessierte unternehmen müssten, um sich eine eigene Nachbarschaftsgemeinschaft aufzubauen, sei, die Kontakte im direkten Umfeld zu mobilisieren, also die Nachbarn im Gespräch dazu zu ermuntern, ein Benutzerkonto anzulegen. „Mit fünf Familien im persönlichen Netzwerk fängt es an, richtig Spaß zu machen", hat Uwe Engels im Versuchsbetrieb der Seite, der seit Ende März läuft, erfahren. Ab sofort steht die „Community" jedermann zur Verfügung.
Uwe Engels ist überzeugt, dass seine Idee funktioniert. „Die Autowerkstätten werden meine Idee nicht besonders mögen, denn Reparaturen, die durch viele Kurzstreckenfahrten verursacht werden, wird es bald weniger geben", prophezeit Engels. Was den Erfolg seiner Pläne anbelangt, ist der Köditzer Unternehmer mehr als zuversichtlich: „Auch Ebay hat einmal ganz klein und sozusagen als ein Familienbetrieb begonnen."